Stadt im Klimawandel – Alles Schwammstadt

29. Architekturclub am 29. September 2022 in Nürnberg

Text: Sandra Bartholomäus

Mit topaktuellem Thema und hochkarätig besetztem Podium gelang es Werner Brandl, Architekt und 1. Vorsitzender des Treffpunkts Architektur Ober- u. Mittelfranken, sowie Prof. Johannes Kappler, die Räumlichkeiten der Bayerischen Architektenkammer auf AEG zu füllen. Über 80 Gäste interessierten sich für das Thema Schwammstadt und gekommen sind nicht nur Kolleginnen und Kollegen, sondern auch Vertreterinnen und Vertreter aus der Stadtverwaltung, der Wirtschaft und der Immobilienbranche.

Die Diskussion, bei der die Schnittstellen von architektonischen, städtebaulichen und freiraumplanerischen Fragestellungen mit anderen gesellschaftlichen Themen im Kontext des Klimawandels erörtert wurden, moderierte Prof. Dr. Richard Woditsch, Professor für Theorie und Entwerfen an der Fakultät für Architektur der TH Nürnberg. Auf dem Podium saßen: Prof. Manuel Bäumler, Architekt und Stadtplaner, Daniela Bock, Landschaftsarchitektin, Siegfried Dengler, Architekt und Dienststellenleiter des Stadtplanungsamts der Stadt Nürnberg, sowie Laura Weißmüller, Redakteurin beim Feuilleton der Süddeutschen Zeitung für die Bereiche Architektur, Stadtplanung und Design.

Was bedeutet Schwammstadt? Der Grundgedanke ist simpel: Das Regenwasser soll dort belassen werden, wo es anfällt, und die Verdunstung auf Grünflächen zur Kühlung der Umgebung beitragen. Das ist leichter gesagt als geplant, denn Extremwetterlagen, die immer häufiger werden, sind ein großes Problem für die Städte. Bei Starkregen können die Wassermassen von der Kanalisation nicht aufgenommen werden, es kommt zu Überflutungen. Bei langanhaltenden Dürreperioden, wie in diesem Jahr, steigen die Temperaturen in der Stadt extrem an und die Wasserversorgung des städtischen Grüns ist nicht mehr gewährleistet. Hier liegen, kurz zusammengefasst, die neuen Herausforderungen für den Städtebau und die Architektur.

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Wie geht man damit um? Prof. Manuel Bäumler und Daniela Bock berichteten aus der Praxis. Die Idee der Schwammstadt sei grundsätzlich richtig und wichtig, aber die Realität sehe leider oft anders aus, da es viele Faktoren zu berücksichtigen gelte: die Bodenbeschaffenheit, die Interessen der Bauherren und Investoren, bestehende Rechtsvorschriften und DIN-Normen und nicht zuletzt die Genehmigungsverfahren. Zum besseren Verständnis brachte Bäumler das realisierte Beispiel einer Schwammstadt, den Potsdamer Platz in Berlin. Hier wurde ein komplexes System geschaffen, bei dem unterirdische Zisternen und künstliche Wasserbecken sowie extensive Dachbegrünungen als Hauptwasserspeicher dienen. Das zielt darauf, die Kanalisation zu entlasten, Verdunstung zur Kühlung zu nutzen und Zisternenwasser für Toilettenspülung und  Grünflächenbewässerung zu speichern. Laura Weißmüller fand das Beispiel nicht gelungen, da der Potsdamer Platz nicht wirklich zum Verweilen einlädt. Bei dem vor 50 Jahren entstandenen Olympiagelände in München sei dies anders. Es werde heute noch als nachhaltig und ökologisch anerkannt sowie aufgrund seiner gestalterischen Qualitäten sehr gut angenommen.

Aber was bedeutet das nun für Nürnberg? Der Dienststellenleiter des Stadtplanungsamts der Stadt, Siegfried Dengler, sah es ähnlich wie seine Vorredner. Die Umsetzung sei nicht einfach. Er bezeichnete die Altstadt Nürnbergs als steinerne Stadt, die nach dem zweiten Weltkrieg aus vorhandenen Materialien wieder aufgebaut wurde. Heute würde man sagen: Nürnberg war damals schon nachhaltig und ressourcenschonend. Jahrelang wurde die Stadt nachverdichtet und das könne nicht von heute auf morgen geändert werden. Mit Förderprogrammen wie „Mehr Grün für Nürnberg“ schaffe die Stadt aber neue Grundlagen, indem die Begrünung von privaten Hof-, Fassaden- und Dachflächen in den Nürnberger Stadterneuerungsgebieten bezuschusst werden. Immerhin gibt es bereits Ansätze zur Schwammstadt Nürnberg: die Baumscheiben in der Heugasse, die Umgestaltung des Obstmarktes und nicht zuletzt das SandäckerQuartier, das aus dem nicht offenen städtebaulichen Ideenwettbewerb unter dem Thema „Klimagerechtes Wohnen und Arbeiten im SandäckerQuartier in Nürnberg-Gebersdorf“ entstehen soll. Der 1. Preis ging an das Büro Schellenberger Bäumler Architekten.

Prof. Manuel Bäumler erläuterte die Schwammstadt-Idee für dieses Areal. Das Quartier umfasse ca. 4,5 Hektar. Im südlichen Teil befinde sich die neue U-Bahnstation Gerbersdorf. Im mittleren Teil des Geländes solle ein urbaner Wald entstehen, der mit einer Fläche von ¼ Hektar alle Eigenschaften eines echten Walds erfülle. Zwar haben sowohl das Preisgericht als auch die Stadt Zweifel an der Realisierbarkeit angemeldet, aber genau solche Ideen dürften nicht auf Grund wirtschaftlichen Denkens scheitern, so Laura Weißmüller. Aufklärung bei Bauherren, Investoren und Politikern ist also weiterhin gefragt. Am Ende waren sich alle einig, dass dringender Handlungsbedarf besteht. Der Ausbau von Klimaschutzmaßnahmen müsse vorangetrieben werden, damit das Leben in den Städten auch für zukünftige Generationen lebenswert bleibe. Um dies zu realisieren, müsse der interdisziplinäre Austausch zum Thema Schwammstadt fortgesetzt werden.

Werner Brandl verabschiedete sich vom Publikum mit der Ankündigung eines Jubiläums-Architekturclubs „Auf AEG“ im Jahr 2023.